Gastbeitrag von Tierzuchtdirektor DI Franz VUK
Im Burgenland hat die Rinderwirtschaft innerhalb der Landwirtschaft einen hohen wirtschaftlichen Stellenwert. Im Land werden jährlich rund 22,5 Mio € mit der Rinderhaltung erwirtschaftet. Der Großteil der Produktion wird dabei in Zuchtbetrieben, die eine regelmäßige Leistungskontrolle in ihren Beständen durchführen, erbracht. Die Milch- und Fleischleistungsprüfung sind dabei die unverzichtbaren Grundlagen für die Qualitätssicherung in den Zuchtbetrieben. Im nachfolgenden Beitrag werden die Entwicklung und der aktuelle Stand der Milch- und Fleischleistung in der burgenländischen Rinderzucht vorgestellt.
Strukturwandel in der Rinderhaltung
Die Struktur der Rinderhaltung hat sich in den letzten Jahrzehnten im Burgenland extrem gewandelt. Die Zahl der Rinderhalter hat stark abgenommen, die Rinderbestände sind ebenfalls zurückgegangen, halten sich aber seit 2005 auf einem konstanten Niveau. Innerhalb der Rinderbestände hat sich jedoch der Anteil der leistungsgeprüften Tiere kontinuierlich gesteigert. Die Durchschnittsbestände betrugen 2015 im bgld. Rinderhaltungsbetrieb 47 Rinder, dies ist auch der höchste Durchschnittsbestand im Bundesländervergleich. Nachfolgende Tabellen geben die Strukturentwicklung in den letzten Jahrzehnten wieder.
Tabelle: Entwicklung der Rinderbestände im Burgenland
Jahr | Rinderbestand | Rinderhalter | Durchschnittsbestand |
1999 | 26.880 | 1.358 | 19,8 |
2005 | 20.523 | 713 | 28,7 |
2013 | 20.979 | 470 | 44,6 |
2014 | 20.933 | 447 | 46,8 |
2015 | 20.430 | 435 | 47,0 |
Quelle: 1999, 2005 Statistik Austria, Agrarstrukturerhebung 2013, 2014, 2015 Statistik Austria, Rinderdatenbank
Tabelle: Entwicklung der Kuhbestände im Burgenland
Jahr | Kühe gesamt | Milchkühe | Sonstige Kühe |
1999 | 9.982 | 8.886 | 1.096 |
2005 | 7.028 | 4.517 | 2.511 |
2013 | 7.119 | 4.299 | 2.820 |
2014 | 7.147 | 4.279 | 2.868 |
2015 | 6.941 | 4.192 | 2.749 |
Quelle: 1999, 2005 Statistik Austria, Agrarstrukturerhebung 2013, 2014, 2015 Statistik Austria, Rinderdatenbank
Grundlage Leistungsprüfung
In Österreich garantieren die Landeskontrollverbände seit Jahrzehnten eine unabhängige Leistungsprüfung in den Bundesländern. Im Burgenland ist der Bgld. Rinderzuchtverband als Landeskontrollverband mit der Leistungsprüfung für Milch und Fleisch beauftragt und mit der Erhebung der Milchleistungs- und Fleischleistungsdaten befasst. Der Landeskontrollverband liefert damit durch die Arbeit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wesentliche Daten für die Umsetzung der Zuchtprogramme sowie für die Entscheidungen im Herdenmanagement. Im einzelnen Betrieb werden somit auch die grundlegenden Kennzahlen für die Wirtschaftlichkeitsrechnungen geliefert. Seit dem Jahr 2015 gibt es mit dem Programm „QS-Kuh“ ein Qualitätssicherungsprogramm zur Leistungsprüfung. Detaillierte Informationen zum QS-Kuhprogramm finden sich auf der Homepage des Bgld. Rinderzuchtverbandes (www.brzv.at). Eine objektive Leistungsprüfung ermöglicht die Berechnung betrieblicher züchterischer Kennzahlen und bildet auch die Grundlage für die Zuchtwertschätzung in der Rinderpopulation.
Im Jahr 2015 standen im Burgenland 101 Betriebe mit 3.405 Milchkühen unter Milchleistungskontrolle, 18 Betriebe mit 634 Kontrollkühen nahmen an der Fleischleistungskontrolle teil. Die Kontrolldichte in den Milchviehbetrieben ist im Burgenland sehr hoch, es wurden 81 % des Milchkuhbestandes vom Burgenländischen Rinderzuchtverband züchterisch betreut.
Milchleistungsprüfung
Aus nachstehenden Abbildungen ist die Entwicklung der durchschnittlichen Milchleistung der Kontrollkühe ersichtlich. Seit Einführung der Milchleistungsprüfung im Jahr 1925 hat sich die Milchleistung bis heute vervierfacht. Nicht nur die konsequente Leistungszucht sondern auch die geänderten Nutzungsformen haben diesen Leistungsanstieg bewirkt. Bis zur intensiven Mechanisierung der Landwirtschaft waren Dreinutzungsrinder (Milch, Fleisch und Arbeit) in den Rinderhaltungsbetrieben üblich, danach entwickelte sich die kombinierte Zucht des Zweinutzungsrindes (Milch und Fleisch) und schließlich auch die spezialisierte Zucht der Milch- und Fleischrassen mit jeweils einem Nutzungsschwerpunkt.
Quelle: Bgld. Rinderzuchtverband
Wie die Zahl der durchschnittlich gehaltenen Kühe hat sich auch die Zahl der Kontrollkühe je Betrieb kontinuierlich erhöht. Sie liegt im Burgenland derzeit bei 34 Kontrollkühen pro Betrieb, womit das Burgenland auch hier im Österreichvergleich (20 Kontrollkühe) an der Spitze liegt.
Quelle: Bgld. Rinderzuchtverband
Die nachstehende Tabelle zeigt die Leistungsentwicklung in den burgenländischen Kontrollbetrieben seit 1999 auf. Mit Ausnahme des Jahres 2014 war eine kontinuierliche Zunahme der Absolutleistungen für Milch/kg und Gesamtinhaltsstoffe zu verzeichnen. Sowohl die Absolutleistung, als auch die Inhaltsstoffe sind 2015 im Vergleich zu 2014 kräftig angestiegen. Grund dafür dürfte die schlechte Grundfutterqualität und somit der Rückfall im Kontrolljahr 2014, welcher 2015 wieder wettgemacht wurde, sowie die vergleichsweise bessere Grundfutterbasis im Jahre 2015 sein.
Tabelle: Entwicklung der Milchleistung
Betriebe | Kühe | Milch kg | Fett % | EW % | Fe+Ew kg | |
1999 | 427 | 4.305 | 6.237 | 4,56 | 3,38 | 495 |
2005 | 214 | 4.000 | 7.060 | 4,61 | 3,48 | 572 |
2013 | 109 | 3.451 | 7.854 | 4,43 | 3,43 | 617 |
2014 | 103 | 3.490 | 7.860 | 4,43 | 3,42 | 616 |
2015 | 101 | 3.405 | 8.172 | 4,47 | 3,39 | 642 |
Quelle: Bgld. Rinderzuchtverband
Die durchschnittliche Milchleistung von 8.172 kg pro Kontrollkuh war 2015 im Bundesländervergleich im Burgenland am höchsten (7.281 kg durchschnittlich bundesweit), in nachstehender Grafik sind die Länderergebnisse dargestellt.
Die Milchleistung im Bundesländervergleich 2015:
Quelle: Bgld. Rinderzuchtverband
Fleischleistungsprüfung
Die spezialisierte Fleischrinderzucht ist ein sehr junger Sektor in der Rinderzucht und hat sich erst in den letzten 15 Jahren dynamisch entwickelt. Mit zunehmender Spezialisierung in der Rinderproduktion hat sich auch der Fleischrindersektor etabliert, stagniert aber in den letzten Jahren aufgrund geänderter Rahmenbedingungen in der Fleischrinder- bzw. Mutterkuhhaltung.
Quelle: Bgld. Rinderzuchtverband
18 Betriebe mit 634 Kontrollkühen von 9 verschiedenen Rassen nahmen 2015 an der Fleischleistungskontrolle teil. Bei der burgenländischen Fleischleistungskontrolle hat sich die Anzahl der Mitgliedsbetriebe gegenüber 2014 um 3 Betriebe verringert, bei den Kontrollkühen musste ein Abgang von 82 Kühen verzeichnet werden. Folgende Rassen wurden 2015 betreut: Aubrac, Murbodner, Fleckvieh- Fleisch, Charolais, Angus, Dexter, Kärntner Blondvieh, Blonde d`Aquitaine, Pustertaler Sprinzen
Wiegeergebnisse 2015:
G | Wiegungen gesamt | Geburtsgewicht
n Gewicht |
200-Tagegewicht
n Gewicht TGZ |
365-Tagegewicht
n Gewicht TGZ |
m | 726 | 251 35,6 | 269 247,0 1.062,1 | 87 374,0 930,0 |
w | 927 | 211 33,4 | 283 218,5 932,0 | 197 342,1 846,8 |
(n = Anzahl, m = männlich, w = weiblich, TGZ = Tageszunahme in g)
Quelle: Bgld. Rinderzuchtverband
Fazit: Die Leistungsprüfung bildet die Grundlage für züchterische Entscheidungen im eigenen Rinderbestand, aber auch für die Weiterentwicklung der gesamten Zuchtpopulation. Die Ergebnisse der Leistungsprüfung sind die Basis für die Verbesserung der Leistungsmerkmale in der Rinderzucht und somit auch für die Wirtschaftlichkeit des Rinderbestandes. Trotz derzeit schwieriger Erlössituation am Milchsektor bleibt die Leistungsprüfung zur betrieblichen Weiterentwicklung unabdingbar. Es ist nicht Zufall, dass bereits 80 % des Rinderbestandes in der Leistungsprüfung erfasst wird. Die unabhängige Leistungskontrolle bleibt Basis für die bäuerliche Rinderzucht und garantiert auch für die Zukunft, dass die Rinderzucht im Rahmen der heimischen Zuchtorganisationen betreut werden kann. Die Unterstützung aus Landes- und Bundesmitteln garantiert daher die Aufrechterhaltung der regionalen Organisationsstruktur in der Rinderzucht und der Leistungsprüfung. Im Burgenland sind die Mitarbeiter des Bgld. Rinderzuchtverbandes, der auch als Landeskontrollverband fungiert, um die Anliegen der Mitglieder bemüht und stehen für Anfragen unter Tel. 03352/32512 oder per E-Mail unter rinderzuchtverband@lk-bgld.at gerne zur Verfügung.
Zwei 100.000-Liter-Kühe im Burgenland
Langlebige und gesunde Kühe sind nicht nur der Stolz der Züchter sondern auch die wirtschaftliche Grundlage in den Zuchtbetrieben. Derzeit können im Burgenland zwei Rinderzuchtbetriebe auf ihre „Rekordkühe“ hinweisen, die die 100.000 kg Milch-Lebensleistung überschritten haben. Die Kuh Paula, eine Morrortochter, aus dem Betrieb Rainer Wolfger aus Willersdorf und die Kuh Nella, eine Mario Redtochter aus dem Betrieb Ewald und Wilhelm Schoditsch aus Welgersdorf verkörpern langlebige und fitte Kühe. Solche Kühe zeigen auch die Managementqualitäten in der Betriebsführung auf, denn allein die hohe genetische Veranlagung ist für die nachhaltige Sicherstellung einer solchen Dauerleistung nicht ausreichend. Verglichen mit der durchschnittlichen Lebensleistung in Österreich von rund 28.000 kg Milch pro Kuh sind diese Dauerleistungen beträchtlich.