„So nah und doch so fern“, könnten sich einige der 34 Teilnehmer der Exkursion der Landjugend Oberwart sowie der Jungzüchter des Rinderzuchtverbandes in das benachbarte Ungarn gedacht haben. Nur wenige km von der österreichischen Grenze entfernt, hat die Landwirtschaft eine andere Dimension.
Das wurde beim ersten Betrieb, den wir besichtigen konnten mehr als deutlich. Szombathelyi Tangazdaság Zrt ist Teil der Mezort Zrt Holding, die auf fünf Standorten 22.000 ha bewirtschaftet und insgesamt 5.000 Milchkühe hält. Auf diesem Betrieb stehen 900 Milchkühe der Rasse Holstein Friesian, mit der Nachzucht sind es 1.800 Rinder. Die Ställe sind fast neu und bieten den Tieren ein sehr hohes Maß an Kuhkomfort.
Gemolken werden die Kühe in einem 50er-Melkkarussell, in den ersten 100 Tagen der Laktation dreimal, danach zweimal täglich. Die tägliche Milchmenge beträgt 26.000 kg, der Stalldurchschnitt liegt bei rund 10.500 kg.
27 Mitarbeiter sind ausschließlich im Stall und in der Tierhaltung beschäftigt.
Die schwierige Lage am europäischen Milchmarkt ist auch für Betriebe dieser Größenordnung ein Problem, denn die Milchproduktion ist bei einem Preis von 25 Cent kostendeckend, derzeit bekommen sie nur 23 Cent.
Als nächster Programmpunkt stand die Agrow GP Kft in Egyházasrádóc auf dem Programm. Der aus Bayern stammende Betriebsleiter stellte uns sehr humorvoll und unterhaltsam seinen Betrieb vor. Er bewirtschaftet 400 ha und hat rund 450 Fleckviehkühe zur Milchproduktion. Er kooperiert mit einem Partner in der Nähe von Sávár, der rund 700 Fleckvieh-Mutterkühe hält. Die männlichen Kälber von beiden Betrieben werden bei ihm gemästet und versetzten die Exkursionsteilnehmer durch ihre Qualität ins Staunen. Laut Angaben des Landwirts verkauft er die Schlachttiere nach Österreich. Im Gegenzug konnten wir einige trächtige Kalbinnen sehen, die erst vor einigen Tagen von einer Versteigerung aus der Steiermark angekauft wurden.
Für die Milch erhält er etwas mehr als 28 Cent, da diese höhere Werte bei den Inhaltsstoffen Fett und Eiweiß aufweist.
Sehr interessant war die Tatsache, dass sein gesamtes Stallsystem auf Festmist basiert, d.h. dass alle Tiere ausnahmslos auf Stroh stehen.
Nach einem herzhaften Mittagsbuffet in Szombathely ging es weiter zum Obst- und Weinbaubetrieb Böröcz in Kőszegszerdahely. Hauptbetriebszweig ist der Obstbau mit Äpfel auf einer Fläche von 28 ha. Wir konnten eine neue Plantage mit Hagelnetzen und Bewässerung besichtigen. Zusätzlich bewirtschaftet der Betrieb noch einen Weingarten auf 8 ha, wobei die Trauben nicht selbst verarbeitet werden sondern an einen Weinbaubetrieb verkauft werden.
Acht Angestellte arbeiten ständig am Hof, in der Erntesaison sind es bis zu 30 Mitarbeiter.
Die Äpfel werden über den Großhandel hauptsächlich nach Ostungarn vermarktet, im letzten Jahr lag der Preis pro kg bei ca. 27 Cent.
Das letzte Exkursionsziel führte uns zum Weinbaubetrieb Stefanich nach Cák. Der Betrieb liegt in der sogenannten Soproner Weingegend. Die Rebflächen bestehen zu 80% aus Rotwein- und 20% aus Weißweinsorten.
Familie Stefanich bewirtschaftet den Betrieb in der vierten Generation, früher mussten die Trauben verkauft werden, da der Weinverkauf nicht erlaubt war. Der jetzige Betriebsleiter hat mit der Kellereiwirtschaft begonnen. Von der hervorragenden Qualität konnten wir uns beim gemütlichen Ausklang im Rahmen einer Weinverkostung dann selber überzeugen.
Ein herzliches Dankeschön den Organisatoren dieser Exkursion, es war ein äußerst informativer und interessanter Tag, der einen Einblick in die Vielfältigkeit der landwirtschaftlichen Produktion in unserem Nachbarland Ungarn ermöglichte.