Um solche Kälber mit diesem Gendefekt zu erhalten, muss aber das betroffene Gen sowohl vom Vater als auch von der Mutter an das Kalb weitergegeben werden.
Aufgrund eines Hinweises aus der Praxis auf gehäufte Zwergwuchsfälle bzw. Missbildungen bei Nachkommen des Stieres WILLE DE 08 13516428 wurden durch die ZuchtData eingehendere Untersuchungen zur Zwergwuchsproblematik durchgeführt.
In der Fleckviehzucht wird der Stier POLZER DE 08 03608138 (geb. 1959) bereits seit den 70er Jahren als Träger dieses Erbfehlers angesehen. Von einigen weiteren Stieren wie BENJA, LAVENT, MAURER, PATRON, RASPUTIN und ROBERT, die alle auf POLZER zurückgehen, wurde dieses Problem ebenfalls berichtet.Bei WILLE kommt POLZER ebenfalls im Pedigree vor, er galt bisher allerdings als unbedenklich. Eine Analyse der Zwergwuchshäufigkeit von WILLE, basierend auf der Erfassung der Missbildungen im RDV, zeigte in Österreich nur geringfügig erhöhte Werte (19 Fälle, 0,07% bei über 20.000 geborenen Kälbern), in Bayern allerdings unauffällige Ergebnisse (1 Fall (0,01%) bei über 23.000 Kälbern).
Risikoanpaarungen vermeiden
Zur Abklärung des genetischen Hintergrundes konnten durch die sehr rasche Reaktion der OÖ Besamungsstation GmbH von zwei WILLE-Kälbern mit Zwergwuchssymptomatik Gewebeproben gezogen werden. Durch den Vergleich der SNP-Daten dieser beiden Tiere mit allen ca. 25.000 genotypisierten Fleckviehtieren konnte ein Chromosomenabschnitt (Haplotyp) identifiziert werden, der nur bei den beiden Zwergwuchs-Kälbern homozygot auftritt. Das ist als deutlicher Hinweis auf einen Defektlokus für Zwergwuchs in diesem Bereich zu werten. Insgesamt liegt die Frequenz dieses Haplotyps nur bei 0,7% innerhalb aller genotypisierten Fleckviehtiere und bei 0,18% der untersuchten Tiere konnte kein eindeutiger
Haplotypenzustand bestimmt werden. Neben den genannten Verdachtsfällen (außer POLZER von dem noch keine Genomdaten vorliegen) wurde unter anderem auch WILLE als Träger dieses Zwergwuchs-Haplotyps identifiziert.
Derzeit läuft die Genotypisierung von drei weiteren Zwergwuchskälbern und von POLZER, um die gefundenen Ergebnisse weiter abzusichern. Außerdem soll in Kooperation mit der TU München die kausale Mutation so schnell wie möglich identifiziert werden. Im Rahmen des Beratenden Ausschusses Zuchtwertschätzung wurde am 18. Juni 2013 eine Arbeitsgruppe aus ASR, AGÖF, ZWSTeam und TU München ins Leben gerufen, um die weitere Vorgangsweise hinsichtlich Informationspolitik, Kennzeichnung und züchterischer Konsequenzen abzuklären.
Als erste Maßnahme werden Trägerlisten der Besamungsstiere an die Zuchtorganisationen bzw. Listen der Kandidaten an die Auftraggeber (Zuchtverbände) verschickt. Durch die konsequente Vorgangsweise der OÖ Besamungsstation GmbH war es möglich, innerhalb extrem kurzer Zeit vom ersten Verdacht zu ersten, für die gesamte Fleckviehzucht nützlichen Ergebnissen zu kommen.
Zusammenfassung
WILLE ist Anlageträger für Zwergwuchs. Der Erbfehler lässt sich auf Polzer zurückverfolgenund ist in der aktuellen
Fleckviehpopulation extrem selten. Durch die konsequente Vorgangsweise der OÖ Besamungsstation GmbH und der Arbeit der Wissenschaftler der ZuchtData war es möglich, innerhalb extrem kurzer Zeit, vom ersten Verdacht zu ersten, für die gesamte Fleckviehzucht nützlichen Ergebnissen, zu kommen. Es liegt bereits ein genomischer Test vor. Auch wenn dieser Test noch nicht in allen Fällen hundertprozentig sichere Ergebnisse liefert, kann man diesen Test in der Zucht nützen und nun Fleckviehtiere auf Zwergwuchs genomisch untersuchen. Für die Entwicklung eines hundertprozentig sicheren Tests brauchen wir Ihre Unterstützung. Melden Sie zwergwüchsige Kälber an die
Besamungsstation oder Zuchtverband, damit wir diese untersuchen können. Für die Suche von weiteren Erbfehlern
sind wir darauf angewiesen, dass Sie Missbildungen den Kontrollassistenten melden, damit diese im RDV erfasst werden können. Es muss aber auch bedacht werden, dass nicht jede Missbildung genetische Gründe hat.